ב"ה 

Seder Tu BiSchwat
סדר ט״ו בשבט
 
 
 
unter Verwendung von Texten aus
 
Pri Ez Hadar
פרי עץ הדר
 
Bessorot Towot
בשורות טובות


Aufbau des Seders
 
Einleitung
 
 
Beginn des Seders
 
Einführende Fragen und Erklärungen
Weizen und Gerste (Brot / Kuchen)
 
Erste Welt (Olam ha’Assija – עולם העשיה)
 
Das erste Glas Wein
Texte und Erklärungen zu Assija
Früchte mit ungenießbarer Schale
Texte und Erklärungen
 
Zweite Welt (Olam haJezira – עולם היצירה)
 
Das zweite Glas Wein
Texte und Erklärungen zu Jezira
Früchte mit ungenießbarem Kern
Texte und Erklärungen
 
Dritte Welt (Olam haBerija – עולם הבריאה)
 
Das dritte Glas Wein
Texte und Erklärungen zu Berija
Früchte, die ganz genießbar sind
Texte und Erklärungen
 
Vierte Welt (Olam ha’Azilut – עולם האצילות)
 
Das vierte Glas Wein
Texte und Erklärungen zu Azilut
Pri Ez Hadar
Texte und Erklärungen
 
Abschluss des Seders
 


Einleitung
 
Der Aufbau des Seders zu Tu BiSchwat ist an den Pessach Seder angelehnt. Wie zu Pessach wird der Rahmen durch das Trinken von vier Gläsern Wein vorgegeben, mit denen jeweils verschiedene Ebenen verbunden sind.
 
Jedes Glas Wein bezieht sich auf einen unterschiedlichen Bereich der Schöpfung im traditionellen (kabbalistischen) Verständnis des Universums und repräsentiert darüber hinaus eine Jahreszeit, eines der vier Grundelemente sowie einen Buchstaben des Namens HaSchems. Jedes Glas Wein wird vom Essen einer Frucht begleitet, welche die jeweilige Welt darstellt, und dem Studium von Texten, die mit der geistigen Struktur dieser Welt in Beziehung stehen. Mit Ausnahme der letzten hat jede der vier Welten und damit jeder Teil des Seders die gleiche grundlegende Struktur.
 
Zunächst wird die Beracha über den Wein gesprochen und der Wein getrunken. Dem folgt eine kurze Erklärung zu der jeweiligen Welt, mit der wir uns gerade befassen, und zu den Früchten, die für den jeweiligen Bereich stehen. Dazu werden Texte aus dem Tanach, dem Talmud, dem Midrasch, dem Sohar und den Besorot Towot gelesen, in dem es um Zusammenhänge mit dem Wesen der Früchte aus der jeweiligen Welt geht. Daran schließt sich die Beracha über die Frucht und das Essen der Früchte an.
 
Folgendes Schema gibt eine Übersicht über die vier Stufen und ihre Bedeutung:
 
Welt
Name Haschems
Jahreszeit
Element
Wein
Frucht
Assija
ה
Winter
Erde
weiß
ungenießbare Schale
Jezira
ו
Frühling
Wasser
weiß mit Tropfen rot
ungenießbarer Kern
Berija
ה
Sommer
Luft
halb weiß, halb rot
ganz genießbar
Azilut
י
Herbst
Feuer
rot mit Tropfen weiß
Pri Ez Hadar
 
 
Nach Rabbi Jizchak Luria (Arisal) zerbrachen die Gefäße, die die konzentrierte g-ttliche Energie enthielten (שבירת הכלים), und die g-ttlichen Funken zerstreuten sich überall in der Welt. Das Ziel ist es nun, dieses Zerbrechen der Gefäße durch das zu heilen, was wir „Tikkun Olam“ (Wiederherstellung der Welt – תקון עולם) nennen, indem wir diese g-ttlichen Funken aus ihrer Zerstreuung einsammeln und dadurch befreien. Auf diese Weise wird der g-ttliche Einfluss auf die Welt  (Schefa - שפע) verstärkt; neue Lebensenergie fließt ihr zu. „Tikkun Olam“ aber ist abhängig von der festen Absicht desjenigen, der eine bestimmte Tätigkeit ausführt. Diese Absicht (Kawana - כוונה) ist also entscheidend, wenn wir eine Mitzwah erfüllen oder eine Beracha sprechen.
 
Vor diesem Hintergrund enthält der Seder zu Tu BiSchwat,  der ursprünglich im 16. Jh. in Zfat (Safed) zusammengestellt wurde, viele verschiedene Berachot über unterschiedliche Früchte. Besonders hervorgehoben werden natürlich die Früchte des Landes Jisrael (Dewarim 8:8).
 
In diesem Seder werden insbesondere Texte aus „Pri Ez Hadar“ (auch bekannt unter dem Namen „Chemdat Jamim“) verwendet, einer Abhandlung über Tu BiSchwat von einem unbekannten Schüler des Arisal aus Safed. Ferner werden auch entsprechende Texte aus den Besorot Towot einbezogen.

 

Beginn des Seders
 
Einführende Fragen und Erklärungen
 
Der Jüngste in der Seder-Runde:
Warum feiern wir das Neujahr für Fruchtbäume an Tu BiSchwat, dem 15. Tag des 11. Monats (Schewat)? Warum feiern wir den Seder im Winter? Warum trinken wir vier Gläser Wein in unterschiedlichen Farben? Warum essen wir viele verschiedene Früchte?
 
Je ein Teilnehmer des Seders antwortet mit je einem der folgenden Abschnitte:
Es gibt vier Neujahrsanfänge: Der 1. Nissan ist das Neujahr für Könige und die Feste, am 1. Elul ist das Neujahr für den Zehnten an Vieh (R. Elieser und R. Simon sagen: am 1. Tischri). Am 1. Tischri ist das Neujahr für die Jahre, für das Pflanzen und für Gemüse. Am 1. Schewat ist das Neujahr für Bäume gemäß der Sichtweise von Bet Schammai, aber Bet Hillel sagt: am 15. des Monats. (Mischna, Rosch haSchana 1:1) 
 
Die Mischna sagt wörtlich, dass Tu BiSchwat das Neujahrsfest für DEN Baum (Singular!) ist. Diese Bezugnahme auf DEN Baum spielt auf den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse im Garten Eden an, wie es heißt: „Und G-tt sprach: ‚Es lasse hervorsprießen die Erde Gespross, Kraut Samen bringend, Fruchtbäume Frucht tragend, nach ihrer Art …’ (Bereschit 1:11). „Fruchtbaum“ (Ez Pri – עץ פרי) meint den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, der Blüten und Frucht hervorbrachte. „Frucht tragend“ (Osseh Pri – עושה פרי) ist der Gerechte (Zaddik - צדיק), das Fundament der Welt (Jesod haOlam – יסוד העולם). „Nach ihrer Art“ (leMino - למינו) meint alle Menschen, die in sich den Geist der Heiligkeit besitzen, der die Blüte dieses Baumes ist. Das ist der Bund der Heiligkeit, der Bund des Friedens – und der Gerechte tritt darin ein und weicht nicht davon. Der Zaddik erzeugt, und der Baum empfängt und trägt Frucht nach seiner Art. (Sohar, Bereschit 33a)
 
Seit der Tempel zerstört wurde, können die Erstlingsfrüchte (Bikkurim - בכורים) nicht länger nach Jeruschalajim gebracht werden. An Tu BiSchwat bringen wir statt dessen die „Frucht unserer Lippen“ dar und preisen G-tt für alle Fruchtbäume in dieser Welt.
 
Der Leiter des Seders sagt:
Während des Essens der Früchte machen wir uns bewusst (das ist Kawanah - כוונה), dass wir am himmlischen Tisch vor G-ttes Angesicht sitzen und im Garten Eden in der Gegenwart der Schechina. (Reschit Chochmah, Scha’ar haKeduscha)
 
Der Eigenname des Menschen, Adam (אדם), stammt von dem Wort für Erde (Adamah - אדמה). Während der Mensch auf der einen Seite die Krönung der Schöpfung ist und der Beherrscher und Fürsorger der Welt, ist er auf der anderen Seite doch abhängig von der Erde für seine Grundbedürfnisse. Indem sie den Fehler begingen und die Frucht aßen, haben Adam und Chawah ihre Vertreibung aus dem Garten Eden verursacht. Eine Frucht essen ist eine Metapher für unsere Interaktion mit dieser Welt. Richtiger Gebrauch führt zu einer vollkommeneren Welt und geistlichem Glück; falscher Gebrauch führt zu Zerstörung und geistlichem Niedergang. Der Seder von Tu BiSchwat ist für uns eine Gelegenheit, die vergangene Ungerechtigkeit zu heilen und zurückzukehren zu dem Platz im Garten Eden, der für uns vorgesehen ist.
 
Adam und Chawah begingen also einen Fehler, als sie vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aßen. Um ihren Fehler zu korrigieren, essen wir heute unsere Früchte mit reinen Absichten und betrachten sie so, als kämen sie vom Baum des Lebens. In dieser Haltung wollen wir auch von der Frucht des Geistes zu uns nehmen, die sich durch Liebe (אהבה), Freude (שמחה), Friede (שלום), Geduld (ארך אפים), Freigebigkeit an Güte und Treue (נדיבות חסד ואמונה), Bescheidenheit (ענוה) und Zurückhaltung (הצנע) auszeichnet (Gal. 5:22).
 
Je ein Teilnehmer fährt mit je einem der folgenden Absätze fort:
Im Talmud sagt Rabbi Abbun: „In der kommenden Welt wird man gerichtet werden für jede feine Frucht, die man sah, aber nicht gegessen hat.“ Rabbi Elasar erfüllte diese Lehre. Obwohl er sehr arm war, sparte er kleine Geldmünzen, die er in einem besonderen Behältnis aufbewahrte, und kaufte hiervon – je nach Saison - neue Früchte. Er versuchte über jeder Art von Frucht zumindest einmal im Jahr eine Beracha zu sprechen.
 
Warum wird man zur Rechenschaft gezogen, wenn man nicht neue Früchte isst, sobald man die Gelegenheit dazu erhält? Weil jede Lebensform, auch Früchte, einem besonderen Engel anvertraut ist, der über sie wacht. Indem man eine Beracha über eine Frucht spricht, erhält der Engel die Macht, mehr von dieser Frucht wachsen zu lassen. Jemand, der sich diese Frucht versagt, beraubt die Welt des geistlichen Einflusses, den diese Beracha bewirkt hätte. (Chemdat Jamim)
 
Ähnlich sieht es auch der Maharal von Prag. Der Talmud sagt, dass jemand, der isst und nicht vorher eine Beracha spricht, wie ein Dieb betrachtet wird. Warum? Weil jeder Aspekt der Schöpfung G-ttes eine innewohnende Heiligkeit besitzt. Wenn also jemand einen Teil einer Frucht isst, beraubt er diese Welt eines Teiles ihrer Heiligkeit. Die Beracha lässt (neue) Heiligkeit in diese Welt fließen. Essen ohne Beracha verringert dagegen den Grad der Heiligkeit in dieser Welt, ohne den Verlust zu ersetzen – darum wird er als Dieb betrachtet.
 
 
Foto: Ulf Mayer
Weizen und Gerste (Brot / Kuchen)
 
Der Leiter des Seders sagt:
Alles in der physischen Welt ist eine Metapher für ein tieferes geistliches Konzept. Essen bedeutet für den Körper, was Erkenntnis für die Seele ist. Wenn wir essen, nehmen wir die guten Bestandteile der Nahrung auf – und dadurch wachsen wir und entwickeln uns. So ist es auch, wenn wir neue Erkenntnisse lernen: Wir müssen sie gut „durchkauen“, sie verdauen und sie in unser Wesen integrieren. Nur auf diese Weise können wir wirklich an Weisheit und Geistlichkeit zunehmen.
 
Weizen und Gerste sind die ersten zwei der sieben Arten, die mit der Besonderheit des Landes Jisrael in Beziehung stehen, wie es heißt: „Ein Land des Weizens und der Gerste und des Weinstocks und des Figenbaums und der Granate, ein Land der Olive und des Honigs.“ (Dewarim 8:8).
 
Wir beginnen daher unser Mahl zu Tu BiSchwat - bevor wir Wein trinken und von den Früchten essen - mit Brot oder Kuchen (wenn Tu BiSchwat auf einem Schabbat fällt, ist es üblich, zum Seder Challah als Brot zu essen).
 
Ein Teilnehmer des Seders fährt fort:
 
Weizen (חטה)
Und er (G-tt) speiste es (Jisrael) von des Weizens Fette … (Ps. 81:17)
Und er (G-tt) brachte hervor … Brot, das des Menschen Herz labt. (Ps. 104:15)
Der … mit dem Fette des Weizens dich sättigt. (Ps. 147:14)
Denn von selbst bringt die Erde Frucht hervor, zuerst den Halm, danach die Ähre, dann das Korn in der vollen Ähre. (Mark. 4:28)
 
Gerste (שעורה)
Warum wurde das Omer von Gerste gebracht und nicht von Weizen? Weil Gerste zuerst reift. Weizen („Chitta“ - חטה) ist die vollkommenere Nahrung, weil er für die Ausrottung der Sünde („Chet“ - חטא) steht. Manche sagen, dass Adam mit dieser Pflanze gesündigt hat. (Sohar, Balak 189a)
 
Die Schrift sagt: ‚So geschehe, wenn ihr esst von dem Brote des Landes, dass ihr erhebet eine Hebe dem Ewigen’ (Bamidbar 15:19). Dieses bezieht sich auf das Webopfer (Tenufa) des Omer. ‚Tenufa’ (תנופה) kann auch gelesen werden als „Tenu Feh“ (תנו פה) – ‚verleiht einen Mund’. Der Mund steht für die Ehre, die wir G-tt geben. Darum sollte das Omer als Webopfer gebracht werden, damit wir G-tt diesen Mund geben, denn der hauptsächliche Lobpreis G-ttes erfolgt dann, wenn wir ihm mit unserem Mund Ehre und Herrlichkeit darbringen.
 
Beracha
Vor der Beracha über Brot waschen wir die Hände und sprechen die Beracha (על נטילת ידים), danach sprechen wir die Beracha „המוציא לחם מן הארץ“ (über Brot) bzw. „בורא מיני מזונות“ (über sonstige Backwaren) und genießen Brot bzw. Kuchen.
 
Der Leiter des Seders sagt nach dem Essen des Brotes:
Wir wenden uns den vier Gläsern Wein zu, die für die vier Welten Assija, Jezira, Berija und Azilut stehen. Während sich die Farbe des Weines von weiß nach rot verändert, erinnern wir uns, dass Weißwein die Natur in ihrem Potential, Rotwein die Natur in ihrer vollen Blüte darstellt. Wir lassen heute den Winter hinter uns und schreiten einer Zeit der Erneuerung und des Lebens entgegen. In diesem Zusammenhang heißt es im Sohar: „Wein hat zwei Farben – weiß und rot. Weiß steht auf der rechten Seite (bei Chesed - Güte), rot auf der linken Seite (bei Gewurah und Din – Strenge und Gericht).
 
„Wein erfreut des Menschen Herz“ (Ps. 104:15). Dies bezieht sich auf den Wein (Jajin) der Torah. Jajin (יין) hat den Zahlenwert 70; dies entspricht dem Zahlenwert für Sod (Geheimnis - סוד). Wein repräsentiert somit die verborgenen Aspekte der Torah (Sohar, Pinchas). In diesem Sinne heißt es auch: „Rabbi Jizchak sagte: ‚Der Wein des Landes Jisrael ist besser als jeder andere Wein, der „guter Wein“ genannt wird; der „beste Wein“ aus Jisrael jedoch stammt aus dem oberen Galil (Galiläa), denn man konnte nicht ein halbes Log von ihm trinken, ohne betrunken zu werden (Sohar Chadasch, Bereschit 22b). Die Weisen bezogen diese Aussage auf die Geheimnisse der Torah, die im oberen Galil durch Rabbi Schimon Bar Jochai geoffenbart wurden. Und stammt nicht auch der Maschiach aus dem Oberen Galil, der uns in die Erneuerung der Torah hineinführt (חדושי המשיח)?
 
Wir werden auch verschiedene Früchte essen. Bei manchen ist es üblich, insgesamt 12 verschiedene Früchte (je vier) zu essen, denn sie stehen für die 12fache Möglichkeit, den Namen HaSchems zu schreiben. Andere essen insgesamt 15 verschiedene Früchte (je fünf), denn sie entsprechen dem Zahlenwert des g-ttlichen Namens J-A-H (י־ה) und dem (heutigen) 15. Tag im Schewat. Bei manchen werden deshalb auch die 15 „Stufen-Lieder“ (Schirej haMa’alot – Ps. 120 -134) gesungen.

 


Erste Welt (Olam ha’Assija – עולם העשיה)

 
 
 
Das erste Glas Wein (Weiswein)
 
Beracha
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי הגפן“ und genießen den Wein.
 
Texte und Erklärung zu Assija
 
Welt des Tuns, der physischen Realität
Buchstabe des Namens HaSchems: ה
Jahreszeit: Winter
Element: Erde
 
Der Leiter des Seders sagt:
Olam Assija ist nach kabbalistischem Verständnis diejenige, die am weitesten von der Vollendung entfernt ist. Darum der Bezug zum Winter. Dieser Bereich braucht am meisten Schutz; daher werden Früchte gegessen, die durch eine Schale nach außen geschützt sind.
 
Je einer der Teilnehmer des Seders liest je einen der folgenden Abschnitte:
Als G-tt Adam erschaffen hatte, führte G-tt ihn um alle Bäume des Garten Edens herum und sagte zu ihm: „Siehe, wie wunderbar und lobenswert alle meine Geschöpfe sind. Alles, was ich geschaffen habe, habe ich für dich geschaffen. Sei bedacht, meine Welt nicht zu zerstören; denn wenn du sie zerstörst, dann wird es keinen nach dir geben, der sie wiederherstellt.“ (Midrasch Rabba, Kohelet 7:19)
 
Wenn du eine Stadt lange Zeit belagerst, um sie zu bekriegen, sie einzunehmen, so vernichte nicht ihr Gehölz, dass du dagegen die Axt erhebest; denn du kannst davon essen, haue ihn also nicht um; denn ist der Baum des Feldes (עץ השדה) ein Mensch, dass er vor dir in Belagerung komme? Nur ein Baum, von dem du weißt, dass er kein Fruchtbaum ist, den magst du vernichten und umhauen, und Belagerungswerke gegen die Stadt bauen, die mit dir Krieg führt, bis sie gefallen.“ (Dewarim 20:19-20) Die Torah, indem sie Ausführungen zum Verbot macht, Fruchtbäume zu zerstören, bezieht sich auf den Menschen als „Baum des Feldes“. Unsere Weisen haben von dort das Verbot der grundlosen Zerstörung gelernt (אל תשחת).
 
Der Allmächtige sagte: ‚Obwohl Wein in dieser Welt eine Quelle der Schwierigkeiten sein kann, werde ich ihn in der Zukunft ausschließlich zu einer Quelle der Freude machen, wie es heißt: ‚Und es wird geschehen, am selbigen Tage werden die Berge süßen Wein (Most) träufeln’ (Joel 3:18). (Midrasch Rabba, Wajikra 12:5)
 
 
 
Früchte mit ungenießbarer Schale
(Granatäpfel, Mandeln, Walnüsse, Erdnüsse, Bananen, Orangen etc.)
 
Texte und Erklärungen
 
Der Leiter des Seders sagt:
Wir werden nun gleich Früchte essen, die eine ungenießbare Schale haben. Der essbare Teil entspricht der Vollkommenheit und Reinheit, während das Ungenießbare die Fehlerhaftigkeit und die Unreinheit darstellt. Dies entspricht Olam Assija, der Welt des Tuns, die durch Materialismus so eingehüllt ist wie diese Früchte durch ihre Schale. Während wir also die Schalen dieser Früchte entfernen, sollten wir uns vorstellen, auch unsere negativen Seiten und Charaktereigenschaften abzulegen. Die Schalen sind nicht das wahre Ich. Das wahre Ich ist die Frucht – köstlich und nahrhaft. Nur das Schlechte und Ungenießbare wird ausgesondert.
 
Je einer der Teilnehmer des Seders nimmt eine von den Früchten, die im Lande Jisrael wachsen und von denen die Torah besonders spricht, in die rechte Hand, hebt sie empor und liest einen der folgenden Abschnitte:
 
Granatäpfel (רמונים)
Wie einer Granate Hälfte (ist) deine Wange hinter deinem Schleier.“ (Schir HaSchirim 4:4, 6:7)
 
Es wird gesagt, dass der Granatapfel exakt 613 Kerne habe. Dies entspricht genau der Anzahl der Mizwot. Das bedeutet, dass sogar der geringste der Juden eine Fülle von Verdiensten aufzuweisen hat wie die Kerne des Granatapfels.
 
„Lass uns früh nach den Weinbergen gehen, lass uns schauen, ob grüne der Weinstock, sich erschließt die Blüte, ob knospen die Granaten, dort will ich dir meine Liebkosungen gönnen.“ ‚Ob knospen die Granaten’ – diese sind die Kinder, die eifrig Torah studieren und in ihren Klassen in Reihen sitzen wie die Samenkörner eines Granatapfels. Kinder sind die Krone der Torah; sie schmücken sie wie die silbernen Grantäpfel auf den Torah-Rollen (Midrasch Rabba, Schir haSchirim 6:11)
 
Nüsse (אגוזים)
„Zum Nussgarten ging ich hinab …“ (Schir haSchirim 6:11). Rabbi Tarfon sagte: ‚Wie es sich mit Nüssen verhält, wenn du eine aus einem Haufen herausnimmst, dann bewegen sich allen anderen und rollen durcheinander, so verhält es sich mit Jisrael: wenn du einen von ihnen schlägst oder wenn einer in Bedrängnis gerät, fühlen es alle anderen.’ (Midrasch Rabba, Schir haSchirim 6:26)
 
So wie es die Eigenart von Nüssen ist, von allen Seiten geschlossen zu sein, so ist der himmlische Thronwagen (Merkawa - מרכבה), der aus dem Garten Eden kommt, von allen Seiten umschlossen. Und so wie die vier Teile einer Walnuss auf einer Seite losgelöst und auf einer anderen Seite getrennt werden, so sind alle Teile des himmlischen Thronwagens in vollkommener Einheit vereinigt – und doch erfüllt jeder Teil seinen besonderen Zweck.“ (Sohar, Schmot 15b)
 
Walnüsse haben zwei Schalen, die entfernt werden müssen – eine äußere und eine innere, eine harte und eine weiche. So bedürfen auch wir sowohl der physischen als auch der geistlichen Beschneidung. (Dewarim 30:6)
 
Mandeln (שקדים)
Mandeln stehen für den Enthusiasmus, G-tt zu dienen, denn der Mandelbaum ist der erste der Bäume, der zu blühen beginnt. Aus diesem Grunde begann der Stab Aharons, Mandelblüten zu treiben (Bamidbar 17:23).
 
Und es erging das Wort des Ewigen an mich also: ‚Was siehst du, Jirmejahu?’ und ich sprach: ‚Einen Stab vom Mandelbaume (שקד) seh’ ich.’ Und der Ewige sprach zu mir: ‚Du hast recht gesehen; denn ich wache (שוקד) über mein Wort, dass ich es vollführe.’ (Jirmeja 1:11-12)
 
Bitte an HaSchem
 
Der Leiter des Seders spricht folgende Bitte:
Möge es dein Wille sein, unser G-tt und G-tt unserer Väter, dass durch die heilige Kraft, die dem Essen der Früchte innewohnt, über die wir die Beracha sprechen werden, und während wir an die obere Wurzel dieser Früchte denken, g-ttlicher Lebensfluss (שפע), Wohlwollen, Segen und Fülle auf ihnen ruht. Mögen die Engel, die über sie gesetzt sind, ebenfalls mit g-ttlichem Lebensfluss erfüllt werden, möge dieser Lebensfluss zu uns zurückkehren und die Früchte erneut wachsen lassen, vom Anfang des Jahres an bis zu seinem Ende, zur Fülle, zum Segen, zum guten Leben und zum Frieden.
 
Und erfülle für uns das Wort, dass du uns durch Malachi, deinen Seher, verheißen hast: ‚Und ich werde für euch verbannen den Fresser, dass er euch nicht verderbe die Frucht des Erdbodens, und euch nicht den  Weinstock auf dem Felde versage, spricht der Ewige der Heerscharen’ Schaue herab von deinem heiligen Wohnsitz im Himmel und segne uns dieses Jahr mit Fülle und Segen.
 
Möge g-ttlicher Lebensfluss, Wohlwollen und Barm herzigkeit auf uns kommen, um zu verzeihen und zu vergeben alle Ungerechtigkeiten und falschen Taten, die wir begangen haben und mit denen wir gesündigt haben. Wir haben den Bund gebrochen und so verursacht, dass der Regen des Wohlwollens zurückgehalten wurde und die Quellen des g-ttlichen Lebensflusses in Mitleidenschaft gezogen wurden.
 
Möge alles Übel entfernt werden. Und möge alles zurückkehren zu seiner ursprünglichen Macht. „Dann werden die Bäume des Waldes sich freuen, und der Baum des Feldes wird seine Zweige heben und täglich Frucht bringen“. Möge es bald und in unseren Tagen geschehen, und wir sagen: Amen.
 
Berachot
 
Wir sprechen zuerst folgende Beracha:
ברוך אתה ה׳ אלהינו מלך העולם
שלא חסר בעולם דבר וברא בו בריאות טובות
ואילנות טובים להנות בהם בני אדם׃
 
Gelobt seist du Ewiger, unser G-tt, König der Welt, der es in der Welt an nichts fehlen lässt und in ihr gute Geschöpfe und gute Bäume geschaffen hat, um die Menschenkinder durch sie zu erfreuen.
 
Wir sprechen dann die Beracha „בורא פרי העץ“ (für die meisten Früchte) bzw. „בורא פרי האדמה“ (Bananen, Erdnüsse etc.) und genießen die Früchte. Soweit wir eine dieser Früchte in dieser Zeit das erste Mal genießen, sprechen wir zusätzlich noch die Beracha „שהחינו“.

 

 

Zweite Welt (Olam haJezira –  עולם היצירה)
 
 
Das zweite Glas Wein (Weiswein mit einigen Tropfen Rotwein)
 
Beracha
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי הגפן“ und genießen den Wein.
 
Texte und Erklärung zu Olam Jezira
 
Welt der Formwerdung, der Umwandlung, des Fühlens
Buchstabe des Namens HaSchems: ו
Jahreszeit: Frühling
Element: Wasser
 
Der Leiter des Seders sagt:
In der Olam Jezira geht es um die innere, geistige Entwicklung. Die Frucht dieser Welt hat keine Schale, aber einen inneren Kern, der nicht gegessen wird. Der Kern dient jedoch der weiteren Fortpflanzung.
 
Je einer der Teilnehmer des Seders liest je einen der folgenden Absachnitte:
’Und so ihr in das Land kommt und irgend einen Baum essbarer Frucht pflanzt …’ (Wajikra 19:23). G-tt sagte zu Jisrael: „Auch wenn du das Land voll des Guten vorfindest, sollst du nicht sagen: ‚Wir werden uns niederlassen und nicht pflanzen.’ Vielmehr sollt ihr sorgsam pflanzen. Wie es heißt: ‚Ihr sollt irgend einen Baum essbarer Frucht pflanzen’. So wie ihr in das Land gekommen seid und Bäume vorgefunden habt, die andere gepflanzt haben, so sollt ihr auch für eure Kinder pflanzen. Eine Person sollte nicht sagen: ‚Ich bin alt; wie lange werde ich noch leben? Warum sollte ich mich für andere abmühen, wenn ich doch morgen sterben könnte?’ (Midrasch Tanchuma, Kedoschim 8)
 
 
 
Früchte mit ungenießbarem Kern
(Oliven, Datteln, Kirschen, Pflaumen, Aprikosen, Pfirsich etc.)
 
Texte und Erklärungen
 
Der Leiter des Seders sagt:
Wir essen nun Früchte, die einen ungenießbaren Kern haben. Die essbaren Teile der Frucht stellen die Heiligkeit dar. Die ungenießbaren Kerne stehen für die Unreinheit, die in den Bereich der Heiligkeit eingedrungen ist. Wie auch die Veränderung bei der Farbe des Weines gezeigt hat, sehen wir, wie das Potential allmählich zur Wirklichkeit wird. Die nicht genießbaren Teile der Früchte befinden sich nun nicht länger außen, sondern innen. Dies bedeutet eine Annäherung an die Heiligkeit. Zusätzlich ist der ungenießbare Teil der Frucht nicht länger Abfall; er ist der Same der Frucht mit dem Potential zum Wachstum.
 
Stellen wir uns jetzt vor, dass unsere schlechten Eigenschaften sich in etwas Positives, Großes verwandeln. Diese Eigenschaften behindern uns nicht länger; sie treiben uns an, vorwärts zu gehen. Viele Menschen haben bereits ihr Versagen in besondere Errungenschaften verwandelt.
 
Je einer der Teilnehmer des Seders nimmt eine von den Früchten, die im Lande Jisrael wachsen und von denen die Torah besonders spricht, in die rechte Hand, hebt sie empor und liest je einen der folgenden Abschnitte:
 
Oliven (זיתים)
Einen belaubten Ölbaum, schön an Frucht und Gestalt, nannte dich der Ewige. (Jirmeja 11:16)
 
Das beste Olivenöl aus wird nur gewonnen, wenn die Frucht zerstampft wird. Olivenöl ruht immer auf der Oberfläche anderer Flüssigkeiten.
 
Deine Kinder sind wie Ölbaumsprösslinge rings um deinen Tisch. (Ps. 128:3) Rabbi Jehoschua Ben Levi sagte: ‚Warum wird Jisrael mit einem Ölbaum verglichen? Weil so, wie die Blätter des Ölbaums weder im Sommer noch im Winter abfallen, so wird auch das Volk Jisrael nicht verstoßen werden – weder in dieser noch in der kommenden Welt.’ (Talmud, Menachot 53b)
 
Die Weisen lehrten: ‚So wie Olivenöl Licht in die Welt bringt, so bringt auch das Volk Jisrael Licht in die Welt.’ (Midrasch Rabba, Schir haSchirim 1:2)
 
Datteln (תמרים)
Der Gerechte, (Dattel-)Palmen gleich blüht er. (Ps. 92:13). Die Gerechten sind fruchtbar und süß, so wie eine Dattelpalme.
 
Dieser dein Wuchs ist der (Dattel-)Palme gleich. (Schir haSchirim 7:8) So wie die Palme sich nicht biegt oder schwingt, so verhält es sich auch mit dem jüdischen Volk – es bleibt gerade und aufrecht stehen.
 
Kein Teil der Dattelpalme wird vergeudet. Die Datteln werden gegessen; die Lulaw-Zweige benutzt man während des Halles zu Sukkot beim Schwingen; die getrockneten Palmblätter dienen zur Dachbedeckung, aus den Fasern macht man Seile, aus dem Baumstamm Balken zum Hausbau. So wird auch jeder einzelne aus dem jüdischen Volk benötigt. Einige von ihnen haben Kenntnisse in der Bibel, andere in der Mischna, andere in Aggadot, wieder andere vollbringen viele Mizwot und andere geben viel Zedaka. (Midrasch Rabba, Bamidbar 3:1)
 
Rebbe Chijja Bar Luliani sprach: „Warum heißt es (Ps. 92:13): ‚Der Gerechte, (Dattel-)Palmen  gleich blüht er, wie die Zeder auf dem Lebanon schießt er empor’? Wenn sie wie Dattelpalmen sind – warum dann Zedern, und wenn sie wie Zedern sind – warum dann Dattelpalmen? Wenn es nur heißen würde „Dattelpalmen“ und nicht „Zedern“, dann könnte ich meinen: Genau so wie eine Dattelpalme, dessen Stamm nicht erneut aus einem abgeschlagenen Stumpf sprießen kann, verhält es sich mit einem Gerechten (Zaddik), G-tt behüte. Und wenn es heißen würde „Zedern“ und nicht „Dattelpalmen“, dann könnte ich meinen: Genau so wie eine Zeder keine Frucht bringt für die kommende Welt, so bringt auch der Gerechte, G-tt behüte, keine Frucht. Darum müssen beide genannt werden.“ (Talmud, Ta’anit 25a-b)
 
Die Dattelpalme spendet Freude. Als die Kundschafter Mosche berichteten, dass das Land von Milch und Honig fließt (ארץ זבת חלב ודבש), erzählten sie, dass sie Dattelpalmen gesehen hatten, von denen Honig (Dattelsirup) herabfloss und unter denen Ziegen weideten, aus deren Euter Milch troff, so dass Milch und Honig die Erde befeuchteten. (Talmud, Sotah 35a)
 
Berachot
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי העץ“ genießen die Früchte. Soweit wir eine dieser Früchte in dieser Zeit das erste Mal genießen, sprechen wir zusätzlich noch die Beracha „שהחינו“.
 
 
Dritte Welt (Olam haBerija – עולם הבריאה)
 
 
Das dritte Glas Wein (halb Weißwein / halb Rotwein)
 
Beracha
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי הגפן“ und genießen den Wein.
 
Texte und Erklärung zu Berija
 
Welt der Schöpfung, des Erkennens
Buchstabe des Namens HaSchems: ה
Jahreszeit: Sommer
Element: Luft
 
Im Bereich der Olam Berija ist der Baum zu voller Größe gewachsen und blüht. Weder innen noch außen werden schützende Schalen benötigt. Früchte der Welt der Schöpfung haben weder eine Schale noch einen harten Kern und können daher ganz gegessen werden.
 
 
 
Früchte, die ganz genießbar sind
(Trauben, Feigen, Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Waldbeeren, Johannisbrot etc.)
 
Texte und Erklärungen
 
Der Leiter des Seders sagt:
Als nächstes werden wir Früchte essen, die ganz, komplett genießbar sind. Wenn sich die Dinge zu ihrem vollen Potential entwickeln, sind selbst die Samenkerne essbar und schmecken gut. So sollen auch wir werden. Stellen wir uns das jetzt vor.
 
Je einer der Teilnehmer nimmt eine von den Früchten, die im Lande Jisrael wachsen und von denen die Torah besonders spricht, in die rechte Hand, hebt sie empor und liest je einen der folgenden Abschnitte:
 
Trauben (ענבים)
So wie ein Weinstock große und kleine Trauben hat und die größeren nach unten herunterhängen, so verhält es sich auch mit dem jüdischen Volk: Wer sich abmüht mit der Torah und größer ist in der Torah, der erscheint wegen seiner Bescheidenheit niedriger als sein Nachbar. (Midrasch Rabba, Wajikra 36:2)
 
Wie Trauben in der Wüste fand ich Jisrael, wie eine Erstlingsfrucht am Feigenbaume in der Frühzeit, ersah ich eure Väter. (Hoschea 9:10) So wie Trauben beim Essen und Trinken unterschiedlichen Zwecken dienen (frische Früchte, Rosinen, Most, Wein), so hat jeder Jude das Potential, in einem Bereich der Torah oder in den Mizwot erfolgreich und besonders zu sein.
 
Rabbi Meir sagt: ‚Die Frucht des Baumes (der Erkenntnis von Gut und Böse) war ein Traube …’; Rabbi Nechemja sagt: ‚Es war eine Feige …’; Rabbi Jehuda sagt: ‚Es war Weizen …’ (Talmud, Berachot 40a)
 
Jeschua haMaschiach sagte zu seinen Talmidim: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von Dornen oder Feigen von Disteln? So bringt jeder gute Baum gute Früchte.“ (Mattitjahu 7:16-17)
 
Ferner sagte er: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer an mir haftet (דבק) und ich an ihm, der bringt eine Fülle von Frucht.“ (Jochanan 15:5)
 
Feigen (תאנים)
Rabbi Chija bar Abba sagte im Namen von R. Jochanan: ‚Was ist die Bedeutung des Verses ‚Wer des Feigenbaums wartet, isst seine Frucht…’ (Mischle 27:18)? Warum wird die Torah mit Feigen verglichen? Feigen reifen an einem Baum nicht alle auf einmal, sondern jeden Tag werden wenige reif. Darum, je länger man an einem Feigenbaum nach Feigen sucht, desto mehr Feigen wird man finden. So verhält es sich auch mit der Torah: Je mehr man über sie nachsinnt und sie studiert, desto mehr Erkenntnis und Weisheit wird man in ihr finden.’ (Talmud, Eruwin 54a-b)
 
Die Feige würzt ihre Fruchtkeime, und die Weinreben blühen, duften (Schir haSchirim 2:13). Feigen müssen gepflückt werden, sobald sie reif sind, denn sie verderben schnell. So müssen auch wir die Mizwot tun, die sich uns bieten, bevor die Gelegenheit hierzu „verdirbt“.
 
Denn der Baum trägt seine Frucht, der Feigenbaum und der Weinstock geben ihre Kraft. Und ihr, Kinder Zijon, frohlocket und freuet euch an dem Ewigen euerem G-tte. (Joel 2:22-23)
 
Jeschua haMaschiach sagte An dem Feigenbaum lernet ein Gleichnis: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treibe,, so wisst, dass der Sommer nahe ist.“ (Mattitjahu 24:23)
 
Äpfel (תפוחים)
Es wird gesagt, dass Äpfel 50 Tage Zeit zum Reifen benötigen. Auch Jisrael reift beständig in den 50 Tagen zwischen Pessach und Schawuot. Und so, wie der Apfelbaum Früchte trägt, bevor die Blätter erscheinen, so erfüllt der Jude die Mizwot, ohne dass er vorher alle Einzelheiten versteht – na’aseh we’nischmah.
 
Wie der  Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes, so (ist) mein Trauter unter den Jünglingen. (Schir haSchirim 2:3)
 
Früchte vom Johannisbrotbaum (חרובים)
Früchte des Johannisbrotbaums brauchen länger als andere Früchte, um zu wachsen. Dies erinnert uns an die Notwendigkeit, viele Jahre in das Torah-Studium zu investieren, damit wir würdig werden, ein klares Verständnis der Torah zu erlangen.
 
Die Frucht vom Johannisbrotbaum hat einen besonderen Platz im jüdischen Leben. Während der Belagerung durch Rom schafften es viele zu überleben, indem sie diese Früchte aßen. Diese Frucht (חרוב) war also die Nahrung vieler Juden, bevor das Schwert (חרב) und die Zerstörung des Tempels (חרבן) über sie kamen.
 
Berachot
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי העץ“ (für die meisten Früchte) bzw. „בורא פרי האדמה“ (z.B. Erdbeeren) und genießen die Früchte. Soweit wir eine dieser Früchte in dieser Zeit das erste Mal genießen, sprechen wir zusätzlich noch die Beracha „שהחינו“.

 

 

Vierte Welt (Olam ha’Azilut – עולם האצילות)
 
 
Das vierte Glas Wein (Rotwein)
 
Beracha
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי הגפן“ und genießen den Wein.
 
Texte und Erklärung zu Azilut
 
Welt bei Gott, der unmittelbaren G-ttesnähe, des Geistes, der Erhabenheit, der reinen G-ttlichkeit
Buchstabe des Namens HaSchems: י
Jahreszeit: Herbst
Element: Feuer
 
Der Leiter des Seders sagt:
Es gibt grundsätzlich keine Frucht, die in Verbindung mit Olam Azilut steht. Die Welt der Erhabenheit ist rein geistig und kann nicht mit etwas Physischen erfasst werden. Am ehesten ist daher der Geruchsinn mit dieser Welt vergleichbar. Die Wahrnehmung von Gerüchen ist der reinste und erhabenste Sinn. Durch die Nase hat G-tt Adam die Seele eingehaucht, wie es heißt: „G-tt blies in seine Nase Hauch des Lebens“ (Bereschit 2:7). Da es bei dem Geruch nicht um physische Materie geht, ist der Geruchssinn der geistlichste und g-ttlichste aller fünf Sinne. Aus diesem Grunde war auch die Entzündung und Darbringung des Rauchopfers die heiligste Tat im Ablauf des jüdischen Jahres – durchgeführt vom Hohenpriester (Kohen gadol), dem heiligsten Menschen auf Erden, im Allerheiligsten, dem heiligsten Platz auf Erden, zu Jom Kippur, der heiligsten Zeit auf Erden.
 
Pri Ez Hadar
 
Texte und Erklärungen
 
Der Leiter des Seders sagt:
Wir werden gleich von der letzten Frucht nur auf die Weise genießen, dass wir an ihr riechen. Was ist das Besondere an ihr? Die Weisen haben gefragt: „Was ist die Frucht des prächtigen Baumes (Ez Hadar), dessen Frucht als auch er selbst prächtig ist? Es ist der Etrog (אתרוג). Könnte es nicht der Granatapfel sein? Nein, denn obwohl seine Frucht lieblich ist, ist es nicht der Baum. Könnte es der Johannisbrotbaum sein? Nein, denn obwohl der Baum lieblich ist, ist es nicht seine Frucht. (Talmud Jeruschalmi) Der Etrog wird also „Pri Ez Hadar“ genannt, „Frucht vom Baume Hadar“ oder „Frucht vom Baume der Pracht“ (Wajikra 23:40). Der Etrog-Baum gilt als der erhabenste von allen Bäumen, da sowohl seine Frucht als auch seine Rinde einen feinen Geschmack und Geruch haben.
 
An Tu BiSchwat, wenn alle Bäume gerichtet werden, beten manche für einen herrlichen Etrog zum kommenden Sukkot, andere pflanzen an diesem Tage einen Etrog. Es heißt daher: „Wir haben eine Tradition von unseren Vätern, zu Tu BiSchwat zu beten, dass G-tt uns einen koscheren und besonders prächtigen Etrog zu Sukkot zukommen lässt.“ (Bnej Jissachar)
 
Je einer der Teilnehmer des Seders liest je einen der folgenden Abschnitte:
Vom Etrog wird gesagt, dass er das ganze Jahr über am Baume wächst und so alle vier Jahreszeiten an seinem Segen Anteil haben. Er vereinigt damit das ganze Jahr. Der Prophet Jecheskel beschreibt dies so: „Und an dem Bache (der unter der Schwelle des Hauses G-ttes hervorsprudelt) steigen empor zu seinen beiden Ufern allerlei Fruchtbäume, nicht welkt ihr Laub, und nicht geht aus ihre Frucht, alle Monate reifen sie, denn sein Wasser kommt aus dem Heiligtum, darum wird seine Frucht sein zum Essen, und sein Laub zur Arzei.“ (Jecheskel 47:12)
 
So ist es auch Jochanan mitgeteilt worden: „Und er zeigte mir einen Strom des Wassers des Lebens, klar wie Kristall, der ausgeht von dem Thron G-ttes und des Lammes … Auf beiden Seiten des Stromes steht der Baum des Lebens, der zwölf Mal Frucht bringt (Osseh Pri – עושה פרי), jeden Monat bringt er seine Frucht, und sein Laub dient zur Heilung der Völker.“ (Chisajon 22:1-2)
 
Wir wollen uns daher zum Schlusse dieses Seders neu zum vertieften Studium der heiligen Torah gemäß der Tradition Jisraels verpflichten - soweit es jedem einzelnen von uns möglich ist. Damit auch an uns das Wort in Erfüllung gehe: „Heil dem Manne, der … an der Torah Haschems seine Lust hat und über seine Torah sinnet Tag und Nacht. Und er wird einem Baume gleichen, gepflanzt an Wasserbächen, der seine Frucht gibt zur rechten Zeit, und sein Laub welkt nicht, und alles, was er tut, gedeihet.“ (Ps. 1:1-3).
 
Beracha
Wir sprechen die Beracha „בורא פרי העץ“ und genießen den Geruch des Etrog.
 
Abschluss des Seders
 
Einer der Teilnehmer des Seders liest folgenden Abschnitt:
Rabbi Abba lehrte: „Es gibt keine offenbarere Erlösung – keinen größeren Hinweis auf die bevorstehende Erlösung – als in dem Vers: ‚Und ihr, Berge Jisraels, werdet eure Zweige treiben und eure Frucht tragen meinem Volke Jisrael, denn sie kommen bald.’ (Jecheskel 36:8; Talmud, Sanhedrin 98a). Raschi erklärt hierzu: ‚Wenn das Land Jisrael in Fülle Frucht tragen wird, dann ist dies der Hinweis auf die bevorstehende Erlösung, und es gibt kein deutlicheres Zeichen als dieses.’
 
Birkat haMason
 
Der Leiter des Seders spricht Birkat haMason (bzw. Beracha achat me’en schalosch).
 
 
לשנה טובה וברכה פרי ותנובה׃